Blauer Himmel, grüner Rasen und mittendrin eine glückliche Kuh. Doch die Realität sieht größtenteils anders aus. Wir haben mit Daniela Krehl, Ernährungssprecherin der Verbraucherzentrale Bayern gesprochen und verraten Dir 7 Anzeichen für Greenwashing.
Gerade in TV-Werbespots, aber auch auf Verpackungen, sind Kühe in sattgrünen Landschaften abgebildet, die unter einem klaren Himmel friedlich Gras fressen. Dem oder der Verbraucher:in soll suggeriert werden, dass man das Produkt ohne schlechtes Gewissen kaufen kann, da die Kühe auf weitläufigen Weiden leben und nur in erträglichem Maße Milch abgeben müssen. In der Realität sieht das anders aus. Oftmals leben Kühe in Boxen, die (laut helpster.de) 2,40 Meter breit und 1 Meter lang sind, haben wenig Auslauf und müssen sehr viel Milch produzieren. Während eine Mutterkuh auf natürliche Weise rund vier Liter Milch pro Tag produzieren würde, erzeugt eine auf Milchleistung gezüchtete Kuh (laut compassionlebensmittelwirtschaft.de) bis zu 60 Liter pro Tag.
Daniela Krehl empfiehlt Dir immer die Werbungen und Verpackungen zu hinterfragen: "Wenn ich die billigste Milch mit einer glücklichen Kuh darauf sehen würde, wäre ich skeptisch." Sie empfiehlt Dir bei Verdacht den Hersteller unter lebensmittelklarheit.de oder bei der nächsten Lebensmittelüberwachung zu melden.
Tipp: Lasse Dich nicht von Werbebildern blenden und recherchiere die Haltungsbedingungen im Netz.
„Vollständig klimaneutrales Hackfleisch“, „klima-positive Pasta“ oder „CO2-neutrale Bananen“. Wer kennt sie nicht? Werbesprüche, die mit Klimaneutralität oder CO2-Kompensationsmaßnahmen werben, wie zum Beispiel der fiktive Spruch: "Für jede gekaufte Schokoladenpackung pflanzen wir einen Baum in Westafrika". Ebenfalls vorsichtig solltest Du bei Sprüchen sein, in denen mit einer genauen wissenschaftlichen Zahl geworben wird, wie zum Beispiel: "Mit dem Kauf dieser nachhaltigen Schokolade sparst Du 1 Kilogramm CO2". Krehl warnt vor diesen Rechnungen, "da der oder die Verbraucher:in keinen Vergleich hat". So könne der oder die Verbraucher:in gar nicht wissen, ob 1 Kilogrammeinsparung viel oder wenig sei.
Tipp: Versuche herauszufinden, wie das Unternehmen auf diese Rechnungsergebnisse kommt oder welche konkreten CO2-Kompensationsmaßnahmen es durchführt.
Eine ebenfalls gängige Greenwashing-Methode ist es die Verantwortung an die Verbraucher:innen weiterzugeben. So findest Du beispielsweise auf jeder Coca Cola-Dose den Hinweis: "Please recycle this bottle". Damit stellt sich das amerikanische Unternehmen als umweltfreundlich dar und ist, was die nachhaltige Entsorgung seiner Dosen angeht "fein raus" aus der Geschichte. Daniela Krehl meint dazu: "Es kann nicht sein, dass allein der oder die Verbraucher:in sich um den Umweltschutz sorgen muss. Natürlich hat jede:r Bürger:in eine Verantwortung. Doch der Staat sollte immer den Rahmen setzen". Im Bezug auf den letzten Satz schlägt sie vor, dass es unter anderem strengere CO2-Auflagen geben soll.
Tipp: Hinterfrage, ob Hinweise auf der Verpackung sachdienlich sind oder bloß eine Greenwashing-Absicht dahinter steht.
Jeder von uns ist sicherlich schon mal auf schön klingende Begriffe hereingefallen. Ungeschützte Begriffe, die Du oftmals auf Verpackungen findest sind laut Daniela Krehl beispielsweise "nachhaltig", "artgerecht", "recyclefähig", "kontrolliert", "grün" oder "natürlich". Bei diesen Begriffen können Unternehmen selbst definieren, was für sie "nachhaltig" ist. Krehl fordert, dass der Staat diese letztgenannten Begriffe schützt und klar definiert, was darunter zu verstehen ist, "ansonsten werden Verbraucher:innen in die Irre geführt". Geschützt und von Unabhängigen geprüft werden laut Krehl Begriffe wie „biologisch“, „ökologisch“, „kontrolliert biologisch beziehungsweise kontrolliert ökologisch“ und „biologischer beziehungsweise ökologischer Landbau“.
Tipp: Recherchiere, ob der Begriff mit denen ein Unternehmen wirbt wirklich geschützt ist und somit auch unabhängig überprüft wurde.
Um ungeschützte Begriffe glaubwürdig zu verkaufen, stehen sie oftmals in Form oder in Verbindung mit einem Fake-Siegel auf der Verpackung. Fake-Siegel sind optisch kaum von echten, unabhängig vergebenen Siegel zu unterscheiden und klingen ebenfalls positiv. Daniela Krehl bezeichnet die aktuelle Lage als "Siegelwirrwarr, durch die Verbraucher:innen es schwer haben Marketinglabels von aussagekräftigen Siegeln zu unterschieden" und führt aus: "Es ist gut, dass wir in einer freien Marktwirtschaft leben. Nur sehe ich es als Nachteil, wenn Unternehmen die Möglichkeit haben eigene Labels auf ihre Verpackungen zu platzieren, die einen offiziellen Charakter haben." Sie fordert "EU-weite, gesetzlich verbindliche Siegel mit klaren Kriterien".
Tipp: Recherchiere, ob es sich bei dem Siegel auf der Verpackung wirklich um ein echtes und unabhängig vergebenes Siegel handelt. Hier findest Du eine Liste für zuverlässige Siegel von verbraucherzentrale.de und hier findest Du eine Labelsuchmaschine. Letzteres ist eine Empfehlung von Daniela Krehl.
Das Team von biomagazin.de hat ein fiktives Lebensmittelsiegel entworfen, um seine Leser:innen für Fake-Siegel zu sensibilisieren. Bei welchem Siegel handelt es sich um das Echte?
Diese Greenwashing-Methode funktioniert mit Gesetzen, die dem oder der Otto-Normalverbraucher:in eher unbekannt sind. Beispielsweise warben Unternehmen, die Babyfläschchen verkaufen, damit, dass ihre Produkte nicht den gefährlichen Stoff Bisphenol A (BPA) enthalten. Tatsächlich ist es in der EU seit 2011 verboten BPA-haltige Babyfläschchen zu produzieren. Ebenso ist es verboten mit Selbstverständlichkeiten zu werben. Unternehmen, die das machen müssen diese Werbesprüche wieder entfernen. Dazu fallen Krehl weitere Beispiele ein: "Vor Jahren wurden Gummibärchen auf der Verpackung als „fettfrei“ beworben. Den Werbehinweis mussten die Hersteller entfernen, weil alle Fruchtgummis fettfrei sind" und "auf Flaschen mit pflanzlichen Ölen gab es häufig ein Hinweis „mit ungesättigten Fettsäuren“. Da Öle prinzipiell ungesättigte Fettsäuren enthalten, mussten die Hersteller auch diese Werbung auf der Verpackung entfernen."
Tipp: Informiere Dich darüber, ob die Produkteigenschaft mit der das Unternehmen wirbt gesetzliche Vorschrift ist oder tatsächlich ein gutes Verkaufsargument. Achte auf den Zusatz "lt. Gesetz".
Große Unternehmen, die in der Vergangenheit durch starke Umweltverschmutzung aufgefallen sind, neigen besonders zu Greenwashing. Der Grund: Sie wollen ihr Image aufpolieren und in den Köpfen der Menschen als umweltfreundliches Unternehmen gelten. So steht beispielsweise Nestle seit Jahren in der Kritik, da es unter anderem Tierversuche durchführt. Der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern "kontert" auf seiner eigenen Website mit: "Damit Tierversuche Schritt für Schritt überflüssig werden, arbeiten wir an neuen wissenschaftlichen Methoden." Klingt gut, doch unklar bleibt, was das schweizer Unternehmen genau damit meint. Hier warnt Krehl davor alle Großunternehmen, die in der Vergangenheit durch Unweltverschmutzung aufgefallen sind über einen Kamm zu scheren. "Uns liegen keine Beweise vor, dass alle Großunternehmen Greenwashing betreiben."
Tipp: Schaue Dir investigative Dokumentationen über große Unternehmen an, die durch Unweltverschmutzung aufgefallen sind. Wir empfehlen Dir die Doku über Nestle:
Auflösung des Rätsels: Welches Siegel ist echt, welches fake?