Oben ohne im Bad? In Berlin soll es möglich werden.
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18.03.2023, 14:32 Uhr

Oben ohne auch in Nürnberger Bädern? Das sagt die Bäderverwaltung Nürnberg dazu

In Berlin wurde im Dezember eine Frau aus einem Schwimmbad verwiesen, da sie ihre Brüste nicht bedecken wollte. Nach einer Beschwerde darüber haben die Berliner Bäder nun beschlossen ihre Haus- und Badeordnung anders anzuwenden. Können Frauen in Nürnberger Bädern auch bald oben ohne rumlaufen oder bleibt dies eine Ausnahme? Wir haben in der Bäderverwaltung der Nürnberger Bäder nachgefragt.

Oben ohne in Berlin

Die 33-jährige Aktivistin Lotte Mies wurde aus einem Berliner Schwimmbad verwiesen, weil sie sich oben ohne zeigte. Daraufhin wurde eine Diskriminierungsbeschwerde bei der Ombudsstelle für das Landesantidiskriminierungsgesetz eingereicht. Nun hat das Unternehmen beschlossen ihre Haus- und Badeordnung künftig geschlechtergerecht anzuwenden, teilte die Senatsverwaltung für Justiz und Antidiskriminierung vergangene Woche in einer Pressemitteilung mit. Nun dürfen auch Personen mit "weiblich gelesener Brust" oben ohne schwimmen.

Im vergangenen Jahr hatten bereits mehrere Städte in Deutschland das oberkörperfreie Schwimmen für alle Geschlechter in städtischen Bädern eingeführt, beispielweise in Göttingen, in Siegen und auch Hannover änderte Ende 2022 ihre Badeordnung. Und auch Köln zieht nach! Ab dem 1. April dürfen Frauen auch hier oberkörperfrei baden gehen.

Die neu gewonnene Freiheit stößt jedoch nicht nur auf positive Resonanz. "Manche wünschen mir, dass ich vergewaltigt werde", sagte Lotte Mies der Deutschen Presse-Agentur. Trotzdem möchte sie sich davon nicht einschüchtern lassen. "Wenn es wärmer wird, wollen wir Aktionen wie etwa Picknicks und Wanderausflüge oben ohne starten", sagte die 33-Jährige, die sich in der Initiative "Gleiche Brust für alle" engagiert.

Laut einer Umfrage im Auftrag der Deutschen Presseagentur (dpa) 2022 finden es 37 Prozent der Erwachsenen in Deutschland gut, wenn Frauen das Tragen von Oberteilen in Schwimmbädern nicht unbedingt vorgeschrieben wird. 28 Prozent der insgesamt rund 2.000 befragten Menschen lehnen die Idee ab und 26 Prozent zeigen sich unentschlossen. Auf die Frage "Erste Bäder erlauben nackte weibliche Oberkörper zu bestimmten Zeiten - wie finden Sie das?" gab es vor allem von männlicher Seite eine gute Resonanz. 46 Prozent der männlichen Befragten antworteten mit "sehr gut" oder "eher gut", bei den Frauen waren es dagegen nur 28 Prozent.

Im Bad ohne Bikinitop: Empowering oder Alptraum? Eine Meinung

Oberkörperfrei im Bad auch für Frauen? Das hört sich ja erstmal nicht schlecht an. An Seen oder Flüssen lasse ich gerne mal mein Bikini-Oberteil daheim, um möglichst viel Sonne abzubekommen. Aber ob das auch im Schwimmbad so viel Spaß macht? Ich malte es mir aus: Ich, eine 23-jährige Frau, steige gerade wie in einem Bond-Film graziös aus dem Wasser, oberkörperfrei. Fühlt sich erstmal empowering an. Als ich meinen Blick durchs Schwimmbad streifen lasse, treffen meine Augen plötzlich auf ein anderes Augenpaar. Meinen Dozenten. Ich hätte sowieso ein paar Vorlesungen geschwänzt, aber ob ich dieses Semester überhaupt noch eine weitere besuchen werde, ist fragwürdig. Vor Scham lasse ich mich zurück ins Wasser gleiten. Das war es wohl mit meinem Bond-Girl-Moment. Während mir dieses Horrorszenario vor Augen schwebt, fallen mir weitere Personen ein, die ich auf keinem Fall oben ohne im Bad treffen möchte. Meine Schwiegereltern, meinen Arbeitskolleg:innen, meine Eltern... und die Liste geht weiter. Zugegebenermaßen ist das in Nürnberg wahrscheinlich ein größeres Problem als in Berlin, da man in unserer Hauptstadt wesentlich anonymer unterwegs sein kann als in der Noris. In Nürnberg kennt jede:r jeden und gerade, wenn man niemanden treffen möchte, rennt man meist in drei Bekanntschaften hinein.

Ich bin zwiegespalten. Auch wenn es nichts für mich wäre, finde ich es wichtig, darüber zu reden, dass auch Frauen bzw. FLINTA* sich oberkörperfrei in Schwimmbädern aufhalten dürfen. Die weibliche Brust ist kein primäres Geschlechtsorgan und sollte weniger sexualisiert werden. Ich kann mir vorstellen, dass einige FLINTA* Personen, mir inklusive, sich nicht oben ohne zeigen möchten, da einige Männer es als Einladung zum Gaffen sehen würden. Trotzdem sollte das kein Hindernis sein, denn es muss in den Köpfen ankommen, dass der weibliche Körper mehr als ein Objekt sexueller Begierde ist. FLINTA* haben ein Recht darauf, sich in ihrem Körpern wohl und sicher zu fühlen, ohne dass dieser konstant sexualisiert und diskutiert wird. Es wird immer noch viel zu häufig über die Körper von FLINTA* entschieden, ohne ihnen ein Mitspracherecht zu geben. Einige Stimmen kommentierten zu dem Thema sogar, dass Frauen bzw. weiblich gelesene Personen, die sich oben ohne im Bad zeigen, selber Schuld seien, wenn sie sexuell belästigt werden. Dieses Victim Blaming muss aufhören. Egal wie freizügig FLINTA* ihren Körper präsentieren, niemand hat das Recht damit sexualisierte Gewalt zu rechtfertigen. Deshalb bin ich dafür, dass auch weiblich gelesene Personen sich in Nürnberger Bädern oberkörperfrei zeigen dürfen.

Das sagt die Stadt Nürnberg dazu

Momentan gilt in Nürnberg noch das Tragen üblicher Badekleidung. Dies kann man zwar verschieden auslegen, wenn sich andere Badegäste von einer oberkörperfreien Frau gestört fühlen, wird diese jedoch gebeten, sich ein Oberteil anzuziehen. Wer der Aufforderung nicht nachkommt, wird aus dem Bad verwiesen. Andere Strafen seitens der Bäder gibt es nicht. In Freibädern ist das Sonnen oben ohne meist erlaubt, aber bei Schwimmen oder am Kiosk ist es erwünscht, sein Oberteil wieder anzuziehen.

Wir haben bei der Bäderverwaltung der Nürnberger Bäder nachgefragt, ob es in Nürnberger Bädern auch bald den Freigang für weibliche Brüste geben wird. Herr Bach, der Geschäftsleiter von Nürnberg Bad, erklärt uns: "Bisher gab es noch keine Anfragen diesbezüglich. Es hat noch niemand Beschwerden oder Wünsche bezüglich der Badebekleidung geäußert." Trotzdem betont er: "Wir wollen es jedoch nicht ausschließen, die Bäder haben sich immer schon angepasst. Meine Kolleg:innen sagen beispielsweise, dass es in den 90ern noch viel üblicher für Frauen war, sich oben ohne in Bädern aufzuhalten. Momentan beobachten wir die Situation gespannt und sind natürlich offen für Veränderung.", schildert Bach. "Ich denke die geringe Nachfrage ist auch damit zu begründen, dass die Haus- und Badeordnung schon sehr weich formuliert ist. In anderen Städten hat man diese jetzt konkreter gefasst, z.B. dass mindestens die primären Geschlechtsorgane bedeckt sein müssen. Wir hatten in Nürnberg nie eine strenge Prüderie, weshalb viele Leute es wahrscheinlich nicht für nötig empfinden die Ordnung zu ändern." führt Bach aus.

"Wenn jemand etwas trägt, was gegen die Badeordnung verstößt oder sich jemand deshalb unwohl fühlt, dann wird das kommuniziert. Wir achten dabei auf ein gemeinsames Miteinander. Falls sich jemand diskriminiert fühlt, geben wir der Person den Raum sich zu erklären und überlegen, was wir dagegen tun können." Kommt es wirklich zu einer Lockerung der Regelungen ist dem Geschäftsleiter von Nürnberg Bad eines besonders wichtig: "Jeder soll es natürlich frei entscheiden dürfen, wie er sich zeigt. Man muss sich auch im Klaren sein, dass manche einen angucken werden. Auch das ist ein Aspekt, warum die Bädern nicht im Vorhinein sagen, dass man sich oben ohne aufhalten darf. Denn es kann schon sein, dass Bilder im Netz auftauchen und man muss auch wissen, dass Leute vielleicht von außen ins Bad hineinsehen können. Natürlich versuchen wir solches Verhalten so gut es geht zu unterbinden, aber es ist nicht möglich, immer den Überblick über das ganze Bad zu bewahren." Er erläutert außerdem, dass es schon immer Frauen gab, die oben ohne auf der Decke lagen und das nie ein Problem war. Auch gibt es einige FKK und Saunenbereiche, in denen man sich nackt aufhalten darf. Abschließend verdeutlicht er: "Ich kann wie gesagt nicht ausschließen, dass sich auch die Nürnberger Haus- und Badeordnung ändert, aber momentan sehe ich keinen Bedarf. In unseren Bädern herrscht ein harmonisches Miteinander und es kann über alles geredet werden."


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