Zum globalen Klimastreik gehen deutschlandweit wieder tausende Menschen auf die Straße. Wir haben Klimaaktivist:innen gefragt: Was bringt das überhaupt?
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03.03.2023, 07:55 Uhr

Globaler Klima-Streik: Was bringt Aktivismus überhaupt?

Am Freitag ist wieder globaler Klimastreik-Tag. Viele Menschen gehen auf die Straße, um sich für Klimaschutz und Veränderung stark zu machen. Doch was bringt der Klimastreik eigentlich? Wir haben uns mit zwei jungen Klimaaktivist:innen unterhalten.

Am 19. Januar trafen wir bei der Anti-Kohle-Demo in Nürnberg die beiden Klimaaktivist:innen Flop und Lou. An diesem Tag demonstrierten sie und Hunderte andere trotz eisiger Temperaturen gegen den Kohleabbau im Rheinland rund um den Ort Lützerath. Auf den Plakaten: Forderungen und Parolen wie "Träume lassen sich nicht wegbaggern", Shut down fossil capitalism" oder "End fossil, enter future". Lützerath konnten auch die Nürnberger Demonstrierenden nicht retten, dennoch erreichten sie ein wichtiges Ziel: Mediale Aufmerksamkeit und Präsenz des Themas "Klimaschutz".

Klimaaktivist:innen im Interview

Vor der Demo haben wir mit Flop und Lou am Aufsessplatz in Nürnberg gesprochen und die beiden gefragt: Was bringt Klimaaktivismus eigentlich, wie kann man im Alltag aktiv werden und wie geht man am besten mit Rückschlägen um?

Flop war aktiv im Nürnberger Klimacamp und später beim Klimazirkus, gerade konzentriert er sein Engagement auf die Aktion Nürnberg Autofrei. Auf die Frage, was Klimaschutz eigentlich bringt, antwortet er:

"Klimaaktivismus ist mega wichtig, weil es ein wichtiges Instrument der Demokratie ist. Klar kann man alle vier Jahre zur Wahl gehen und dort wählen, wer einen vertreten soll. Sich selbst laut zu machen, das ist mindestens genauso wichtig. Wenn es Fridays for Future nicht gegeben hätte, dann wäre die Debatte über den Klimaschutz längst nicht so groß wie jetzt."

Welche Fortschritte sind auf den wachsenden Aktivismus zurückzuführen? Flop meint:

"50 Jahre sind nun seit dem Club of Rome-Bericht vergangen, knapp 40 Jahre seit der Studie von BP, über die Wirkung von Treibhausgasen auf das Weltklima. Danach hat sich so wenig getan und auch in den Medien wurde darüber kaum berichtet. Heute sieht es komplett anders aus."

Lou sieht das ähnlich, auf unsere Frage antwortete die Mitorganisatorin von Fridays for Future bei der Kohle-Demo:

"Noch vor vier Jahren war das Klima eher ein Randthema. Wenn mal eine neue Studie oder Skandal aufgekommen ist, dann ist das hin und wieder aufgeploppt. Jetzt ist es omnipräsent bei allen gesellschaftlichen und politischen Fragen. Das ist eine große Errungenschaft."

Nachhaltigkeit oder Augenwischerei

Sehr gut, der Einsatz der Aktivist:innen verblasst also nicht im gesellschaftlichen Diskurs. Doch welcher Aktivismus hilft wirklich? Lou und Flop sind sich hier recht einig. Lou erklärt:

"Oft wird erzählt, dass man nachhaltig konsumieren soll, dass man bewusst entscheiden soll, welche Lebensmittel man kauft, wohin man in Urlaub fliegt. Das ist alles nicht falsch, aber man muss sich bewusst sein, dass man dadurch allein nicht das System verändern kann."

Flop ist sich sicher:

"Das ist Augenwischerei. Der Aktivismus muss auf einer politischen Ebene stattfinden und darf nicht dem Markt überlassen werden."

Klimaschutz ist Handarbeit

Lou erklärt, wie Aktivismus besser wirkt:

"Klimaschutz ist Handarbeit und genau deshalb müssen wir uns zusammenschließen und müssen auf die Straße gehen. Natürlich hat nicht jeder Zeit, die Orga für eine Demo zu übernehmen, aber allein das Dabeisein hilft zu zeigen: Wir sind viele!"

Demos und Aktivismus im Ganzen führt nicht immer zu den gewünschten Veränderungen. Das 1,5- Grad-Ziel scheint immer unrealistischer zu werden, die Kohle unter Lützerath ist weiter in Gefahr und Klimaschutz ist noch immer nicht Thema Nummer Eins im täglichen politischen Diskurs. Das muss man erstmal verkraften, wenn man sein ganzes Leben dem Thema Klimaschutz verschreibt. Wie geht man damit am besten um, haben wir Lou abschließend gefragt.

"Die erste Fridays-for-Future-Demo ist jetzt fast vier Jahre her. Ich dachte mir: Boah, vier Jahre. Fühlt sich an wie eine Ewigkeit und es hat sich nichts verändert. Auch als ich die Bilder aus Lützerath gesehen habe, die Polizeigewalt, da ich musste irgendwann das Handy weglegen. Ich habe mir gesagt: Ich halte es nicht mehr aus, ich muss mich jetzt mit etwas Schönem beschäftigen, ich muss das rauskriegen aus meinem Kopf, weil sonst erschlägt mich das. Ich glaube, man muss aufpassen. Aufpassen, wenn es einem selbst zu viel wird. Dann sind Pausen goldwert, um zu erkennen, dass man nicht nur traurig ist, sondern auch wütend. Das gibt mir dann wieder den Antrieb, weiter zu kämpfen."


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