DIY-Tattooing - lustiges Hobby oder gefährlicher Trend?
Tätowiert zu werden ist eine Sucht - so zumindest der Mythos. In den Corona-Lockdowns 2020 und 2021 waren die Tattoo-Studios monatelang geschlossen. Viele konnten nicht bis zur Wiedereröffnung warten und griffen selbst zu Nadel und Tinte. Das Ergebnis ist oft fragwürdig. Doch noch viel schwerer, als das Risiko eines schlechten Tattoos, wiegt die Gefahr, ernsthafter gesundheitlicher Folgen. Wir haben das Phänomen des DIY-Tattooings näher unter die Lupe genommen.
Tattoos sind cool - warum nicht mal selbst ausprobieren?
Keine Frage: Tattoos sind beliebt. Ungefähr 20 Prozent der Deutschen haben mindestens ein Tattoo, unter den 20- bis 29-Jährigen sind es sogar fast 50 Prozent. Kein Wunder also, dass viele Menschen das auch mal selber ausprobieren wollen.
Zwar gibt es keinen allgemein anerkannten Ausbildungsweg, dennoch ist Tätowieren eine Kunst für sich, kein Hobby, das man einfach mal so versuchen kann. Denn, wie die meisten tätowierten Personen vermutlich schon von ihren Eltern gehört haben: Tattoos sind für immer.
Sticht man zu tief, können unschöne Narben entstehen - sticht man nicht tief genug, hält die Farbe nicht in der Haut und das Ergebnis ist ein blasses, verwaschenes Tattoo. Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Risiken wie Entzündungen bis hin zu schweren Erkrankungen wie Hepatitis, Tetanus oder HIV. So kann sich das Traum-Tattoo schnell in einen infektiösen Alptraum verwandeln.
Besonders gefährlich wird es, wenn Tattoo-Neulinge keine ausreichenden Hygiene-Maßnahmen treffen, wie beispielsweise Handschuhe zu tragen, sie regelmäßig zu wechseln oder auch die Hände und den Arbeitsplatz zu desinfizieren.
Zuhause werden oft kleine Motive probiert.
pixabay
How (not) to tattoo yourself
Im Internet findet man viele günstige Angebote für Einsteiger-Tattoo-Kits, teils für unter 100 €. Das günstigste Set gibt es schon für 50 €. In der Beschreibung steht "Profi-Tattoo-Set".
Aber Achtung: Diese sind teilweise nicht für den Einsatz an menschlicher Haut geeignet und sogar potenziell gefährlich. So sind die Farben oft nicht zertifiziert, Verbrauchsmaterial wie Tattoo-Nadeln nicht steril verpackt und die Tattoo-Maschine so schlecht eingestellt, dass die Nadeln in der Maschine wackeln. Damit eine gerade Linie zu ziehen - unmöglich.
Ergänzt werden diese Billig-Sets von YouTube-Videos mit Titeln wie "How to tattoo yourself" - Tutorialvideos, die in wenigen Minuten das gesamte Tattoo-Handwerk erklären. Vollkommen klar, dass diese kurzen Sequenzen nicht die mehrjährige Ausbildung und Erfahrung von Tätowierer:innen ersetzen könne. Oft werden in diesen Videos aber auch unvollständige und falsche Informationen verbreitet, beispielsweise über Material, Aufbau und Hygiene.
Tattoos, aber mit Stil
Besonders beliebt bei Hobby-Lockdown-Tätowierer:innen: Stick and Poke. Dafür braucht man nicht viel, lediglich Tattoo-Nadeln und Farbe. Der Reiz dabei ist das Unperfekte, das stört die Nachwuchs-Tätowierer:innen nicht, schließlich wird der sogenannte "Ignorant"-Style immer beliebter, der sich vom tätowierten Realismus vollkommen verabschiedet. Böse Zungen behaupten, Tattoos in diesem Stil sähen aus, wie von Kleinkindern gezeichnet. Beliebte Motive sind beispielsweise Milchtüten, Kleiderbügel, Topfpflanzen, Einkaufswägen, Tic-Tac-Toe, oder auch das berühmte Haus vom Nikolaus. Der Ignorant Style, dessen Look auch oft als "trashig", "edgy" oder auch "artsy" beschrieben wird, kennt keine Regeln - hier ist alles erlaubt.
Das sagen Nürnberger Tattoo-Profis zum Trend
Wenig überraschend: Professionelle Tätowierer:innen sind nicht unbedingt begeistert von dem Trend. Wir haben mit den Tätowierer:innen Alina Sorg und Reen Rio aus Nürnberg über ihre Meinung zum DIY-Tattooing-Trend gesprochen.
"Tätowieren ist eines der ältesten Handwerke mit ganz viel Geschichte und Tradition. Menschen erforschen und verändern ihren Körper.", sagt Tätowierer Reen Rio aus Nürnberg. Auch er selbst hat so angefangen und erst sich selbst zuhause tätowiert, später Freund:innen. "Ich finde es einerseits gut, dass es beim Tätowieren so geringe Einstiegshürden gibt. Es ist schön, dass es da nicht so wirklich Regeln gibt, beispielsweise, welchen Stil man tätowieren möchte. Das hat ja auch was mit Punk und einem rebellischen Akt zu tun.", so Reen. Andererseits sieht Reen auch sehr kritisch, dass es kaum Aufklärung über Material und Hygiene gibt. Hier wird es richtig gefährlich: "Als Tattoo Artists arbeiten wir unter der Haut anderer Menschen. Das ist ein schwerer Eingriff, im schlimmsten Fall Körperverletzung - vor allem, wenn die Tattoos unter schlechten Bedingungen gestochen werden und es in der Folge zu Entzündungen kommt". Die Grenze sei erreicht, sobald eine zweite Person im Spiel ist: "Die Leute können sich ja selbst verunstalten, wie sie wollen, das ist ihre eigene Verantwortung."
"Auch ich habe bei mir zuhause mit dem Tätowieren angefangen", so auch Alina Sorg, Tätowiererin im Studio "Rabenschwarz Tattoo". Den Unterschied mache aber die Haltung zum Tätowieren: "Manche fangen damit zuhause an, haben aber vor, es professioneller zu machen, holen sich von Anfang an Hilfe und geben sich Mühe, alles richtig zu machen". Einfach so drauf los zu tätowieren, gehe nicht: "Manche Leute machen das dann auf dem Teppich oder auf dem Sofa, am besten noch ohne Handschuhe. Das geht nicht, damit gefährdet man auch andere Leute."
Mittlerweile sehe man, gerade auf TikTok, immer mehr junge Leute, die betrunken in die Kamera grölen, dass sie sich jetzt gegenseitig tätowieren. Gleichzeitig zeigen aber auch immer Menschen auf TikTok-Videos von ihren neuen, entzündeten, eiternden Tattoos und fragen "Ist das normal so?". Solche Videos sind seit den Corona-Lockdowns deutlich häufiger geworden.
Das Risiko, dass es zu einer Entzündung kommt, ist zuhause besonders hoch. "Die Menschen leben ja auch dort", so Alina. "Für eine Entzündung reicht es schon, wenn beispielsweise eine Fliege auf ein Papier fliegt, auf dem man dann die Maschine ablegt.", führt sie weiter aus. Die Gefahren lauern in der heimischen Wohnung überall: Auch Haare, beispielsweise wenn man Haustiere hat, sind ein Risikofaktor. Um eine Entzündung zu provozieren, kann schon ein einzelnes Staubkorn reichen. "Das geht dann zwar vielleicht ein oder zwei Mal gut, beim dritten Mal hat man dann aber eine fette Entzündung, im schlimmsten Fall kann es hier sogar zu einer lebensgefährlichen Sepsis kommen", warnt Alina.
Hygiene ist das A und O beim Tätowieren - Zuhause kriegt man das nur schwer hin.
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Außerdem sei es besonders wichtig, das Tätowieren unter Anleitung von erfahrenen Tattoo Artists zu lernen: "Manchmal braucht man einfach jemanden, der einen darauf aufmerksam macht, dass man jetzt die Handschuhe wechseln muss. Zum Beispiel, wenn man sich beispielsweise nur an die Hose fasst, das sind so alltägliche Ticks, die man sonst gar nicht mitbekommt."
Von den Billig-Sets hält sie nichts: "Selbst wenn Du Dir Mühe gibst, damit kannst Du nicht richtig tätowieren", so Alina. Auch Reen lacht über die Billig-Angebote, die teils offensichtliche Fälschungen renommierter Maschinen-Hersteller sind: "Eigentlich müsste ich mir spaßeshalber mal so ein Set kaufen, um mir das anzuschauen" - selbstverständlich nicht mit der Absicht, jemals damit zu tätowieren. Professionelle Tattoo-Maschinen kosten 400€ aufwärts, minderwertige Maschinen sind nicht für den Einsatz an Menschen geeignet. Doch auch bei den Farben steckt der Teufel im Detail: "Da gibt es Angebote mit Farben, die gar nicht für den Menschen geeignet sind. Das steht dann irgendwo im Kleingedruckten, damit sich die Hersteller rausreden können, aber für Menschen sind solche Farben teils hochgiftig."
Wenn man ernsthaft anfangen möchte, zu tätowieren, ist es natürlich das Beste, in einem renommierten Studio nach einem Ausbildungsplatz zu fragen. Das Problem: Es gibt nicht die eine Ausbildung als Tätowierer:in, außerdem nehmen viele Studios keine Auszubildenden an. Reens Tipp: Zu Profis gehen und nach Tipps fragen. Hier, so Reen, ist es wichtig, sich bei den richtigen Quellen zu informieren, nicht durch irgendwelche YouTube-Videos, sondern bei Profis, denen man auch beim Stechen vertraut.
Wenn Du gespannt auf die Arbeiten von Alina und Reen bist, schau doch mal auf Instagram vorbei!
Ich muss beichten: Auch ich habe schon mich selbst und Freund:innen tätowiert.
fein raus
Ich muss beichten: Ich habe mich selbst und auch Freund:innen schon tätowiert. War es eine kluge Entscheidung? Naja.
Glücklicherweise sind alle Tattoos gut abgeheilt und sehen recht gut aus - zumindest dafür, dass es sich um ziemlich trashige Motive handelte.
Ich habe selber mehrere Tattoos von tollen Künstler:innen auf der Haut, teils in professionellen Studios, teils bei Tätowierer:innen zuhause gestochen. Gerade deshalb war es für mich immer besonders wichtig, einen gewissen hygienischen Standard zu erreichen. Dafür habe ich mit mehreren befreundeten Tätowierer:innen gesprochen, wie ich das am besten anstelle. Aber: Diesen Standard zu erreichen, geht ins Geld. Es braucht zum Tätowieren eben doch ein bisschen mehr, als nur eine Nadel und ein bisschen schwarze Farbe.
Bei allen Vorkehrungen, die ich immer getroffen habe: Den Hygiene-Standard eines professionellen Tattoo-Studios habe ich dabei rückblickend trotzdem nie erreicht.
Würde ich es wieder tun? Ich weiß es nicht. Einerseits hat mir das Tätowieren großen Spaß gemacht und die ersten Motive sahen auch gar nicht mal so schlimm aus. Andererseits habe ich in den letzten Monaten gelernt: Tätowieren ist eben doch kein Hobby, das man einfach mal so nebenbei betreiben kann - es ist ein Beruf, zu dem auch ganz viel Handwerk gehört, wenn man sich selbst und andere nicht in Gefahr bringen will.
Tattoos in diesem Stil existieren bereits seit vielen Jahren. Momentan erleben die zarten, detailreichen Fine-Line-Tattoos aber einen erneuten Aufschwung. Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich hierbei um oft einfarbige Werke, die sich aus besonders feinen Linien zusammensetzen. Dementsprechend werden dafür eher selten großflächige, auslaufende Motive hergenommen. Der Fokus liegt eher auf kleinen, einzelnen Objekten oder Figuren. Ob das Motiv nur aus Outlines besteht, oder vollflächig und realistisch wie ein Foto gestochen wird, liegt ganz an Deinem persönlichen Geschmack. Hauptsache: präzise, fein und elegant. Solltest Du Dich für ein solches Tattoo entscheiden, ist es wichtig, Dich an einen Tätowierer zu wenden, der sich mit diesem Stil gut auskennt. Im Kleinformat ein überzeugendes Ergebnis hinzubekommen, erfordert ein besonders ruhiges Händchen und viel Liebe zum Detail.
Einen krassen Gegensatz zu vergangenen Tattoo-Trends, in denen sich Kunden meist möglichst tiefgründige, farbenfrohe Motive stechen ließen, bilden die relativ neuartigen Tattoos im sogenannten „Ignorant-Style“. Hier geht es nicht länger um perfekt ausgearbeitete Porträts oder poetische Zitate, sondern um möglichst simple Linien und provokante Motive mit einem gewissen Sinn für Humor, den die Generation Deiner Eltern wohl nicht mehr ganz nachvollziehen dürfte. Ganz willkürliche Objekte – wenn sich das Motiv überhaupt auf den ersten Blick erkennen lässt – werden kindlich-naiv und absichtlich krakelig gestochen, vielleicht auch noch mit dem ein oder anderen betont pseudo-tiefgründigen Spruch versehen. Auf die typischen, austauschbaren Trend-Motive wie Rose, Arschgeweih und Co. folgen nun Designs, die durch ihre Einzigartigkeit und Individualität hervorstechen und die Leute beim Angucken auch noch auf lustige Weise entertainen. Man könnte in diesem Trend eine Art Kampfansage gegen den Perfektionismus-Zwang der letzten Jahre sehen, der mit diesem selbstironischen Stil bewusst sowohl angefochten als auch parodiert wird. Vor ca. 100 Jahren hatten wir Dada – heute haben wir den Ignorant-Style, um unseren Protest künstlerisch auszudrücken.
Stick and Poke, das sich in den letzten Jahren zu einem der großen Trends in der Tattoo-Szene entwickelt hat, ist gleichzeitig die wohl älteste Technik des Tätowierens. Auf den ersten Blick wirkt die Methode äußerst simpel. Gebraucht wird lediglich ein spitzer Gegenstand (Tätowier-Nadel), mit dem „gepoket“ wird, und Farbe (Tattoo-Tinte), die unter die Haut gebracht wird. Durch diese einfach zugänglichen Hilfsmittel ist Stick and Poke bei vielen Kreativen zu einer Art Hobby geworden, dem scheinbar Jeder entspannt zu Hause nachgehen kann. Es empfiehlt sich jedoch, – egal, ob Du selbst pokest oder vorm Gang zum Tätowierer stehst – Dich anständig über die Methode und ihre Tücken zu informieren. Fakt ist: Mit einer per Hand gestoßenen Nadel kann nur ein Bruchteil der Geschwindigkeit einer strombetriebenen Tattoomaschine erreicht werden. Das heißt, ein hand-poked Tattoo zu stechen ist um ein Vielfaches langwieriger und aufwändiger. Auch für kleine Motive kannst Du daher mit einer Dauer von mehreren Stunden rechnen – je nachdem, wie detailliert das Ganze werden soll. Zusätzlich wächst bekanntlich bei Vielen mit der Länge der Prozedur auch das Schmerzempfinden, was durch das vergleichsweise langsame Eindringen der Nadel unter die Haut wohl nicht gerade gelindert wird. Grundsätzlich eignen sich für Stick and Pokes einfarbige, lineare Motive, während flächige und bunte Tattoos zwar nicht unmöglich, aber relativ anspruchsvoll zu realisieren sind. Die Verwirklichung Deines Wunschmotivs hängt also vorrangig vom Können und der Geduld des Tätowierers ab.
Beim Dot-Work-Tattoo entsteht entweder das gesamte Tattoo oder dessen Schattierung aus einer Vielzahl aneinandergereihter Punkte. Strukturen oder Helligkeitsunterschiede werden rein durch Variierung des Abstands oder Größe der Punkte kreiert. Von Weitem betrachtet, verknüpft unser Gehirn die einzelnen Punkte zu einem plastischen Objekt mit Licht und Schatten. Für diesen Stil lassen sich viele verschiedene Motive wählen. Ein guter Künstler kann selbst aus realistischen Objekten ästhetische Dot-Works entstehen lassen. Fällt Deine Wahl auf diese Stilrichtung, ist es besonders wichtig, sich einen Künstler zu suchen, der mit der Technik gut vertraut ist. Wenn nicht sauber genug gearbeitet wird, kann es hier zum Beispiel zum unschönen Verlaufen der Punkte oder zu einem kryptischen, nicht-entzifferbaren Meer aus Punkten kommen.
Mehr und mehr Beliebtheit erfreuen sich derzeit auch cleane, typografische Tätowierungen. Sie sind vor allem für Menschen mit einem Sinn für sachlich-dezente Ästhetik geeignet. Dabei ist ganz Dir überlassen, ob Du Dich für einen ganzen Spruch oder nur ein einzelnes Wort entscheidest. Auch Namen und Ziffern sind ein häufig gewähltes Motiv. Geeignet ist, was auch immer für Dich persönlich von Bedeutung ist, was diese Tattoos zu besonders individuellen Werken macht. Auch die Schriftart und Größe hängt natürlich von Deinem persönlichen Geschmack ab. Als besonders simpel und stilvoll erweisen sich aber kleinere Größen und simple, schmale Fonts mit oder ohne Serifen. Eigentlich gibt es nur eine Sache, die Du nicht selbst entscheiden kannst: die Rechtschreibung! Bitte informiere Dich im Voraus über die richtige Schreibweise, sonst könnte es peinlich werden…
Tattoos in diesem Stil existieren bereits seit vielen Jahren. Momentan erleben die zarten, detailreichen Fine-Line-Tattoos aber einen erneuten Aufschwung. Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich hierbei um oft einfarbige Werke, die sich aus besonders feinen Linien zusammensetzen. Dementsprechend werden dafür eher selten großflächige, auslaufende Motive hergenommen. Der Fokus liegt eher auf kleinen, einzelnen Objekten oder Figuren. Ob das Motiv nur aus Outlines besteht, oder vollflächig und realistisch wie ein Foto gestochen wird, liegt ganz an Deinem persönlichen Geschmack. Hauptsache: präzise, fein und elegant. Solltest Du Dich für ein solches Tattoo entscheiden, ist es wichtig, Dich an einen Tätowierer zu wenden, der sich mit diesem Stil gut auskennt. Im Kleinformat ein überzeugendes Ergebnis hinzubekommen, erfordert ein besonders ruhiges Händchen und viel Liebe zum Detail.
Einen krassen Gegensatz zu vergangenen Tattoo-Trends, in denen sich Kunden meist möglichst tiefgründige, farbenfrohe Motive stechen ließen, bilden die relativ neuartigen Tattoos im sogenannten „Ignorant-Style“. Hier geht es nicht länger um perfekt ausgearbeitete Porträts oder poetische Zitate, sondern um möglichst simple Linien und provokante Motive mit einem gewissen Sinn für Humor, den die Generation Deiner Eltern wohl nicht mehr ganz nachvollziehen dürfte. Ganz willkürliche Objekte – wenn sich das Motiv überhaupt auf den ersten Blick erkennen lässt – werden kindlich-naiv und absichtlich krakelig gestochen, vielleicht auch noch mit dem ein oder anderen betont pseudo-tiefgründigen Spruch versehen. Auf die typischen, austauschbaren Trend-Motive wie Rose, Arschgeweih und Co. folgen nun Designs, die durch ihre Einzigartigkeit und Individualität hervorstechen und die Leute beim Angucken auch noch auf lustige Weise entertainen. Man könnte in diesem Trend eine Art Kampfansage gegen den Perfektionismus-Zwang der letzten Jahre sehen, der mit diesem selbstironischen Stil bewusst sowohl angefochten als auch parodiert wird. Vor ca. 100 Jahren hatten wir Dada – heute haben wir den Ignorant-Style, um unseren Protest künstlerisch auszudrücken.
Stick and Poke, das sich in den letzten Jahren zu einem der großen Trends in der Tattoo-Szene entwickelt hat, ist gleichzeitig die wohl älteste Technik des Tätowierens. Auf den ersten Blick wirkt die Methode äußerst simpel. Gebraucht wird lediglich ein spitzer Gegenstand (Tätowier-Nadel), mit dem „gepoket“ wird, und Farbe (Tattoo-Tinte), die unter die Haut gebracht wird. Durch diese einfach zugänglichen Hilfsmittel ist Stick and Poke bei vielen Kreativen zu einer Art Hobby geworden, dem scheinbar Jeder entspannt zu Hause nachgehen kann. Es empfiehlt sich jedoch, – egal, ob Du selbst pokest oder vorm Gang zum Tätowierer stehst – Dich anständig über die Methode und ihre Tücken zu informieren. Fakt ist: Mit einer per Hand gestoßenen Nadel kann nur ein Bruchteil der Geschwindigkeit einer strombetriebenen Tattoomaschine erreicht werden. Das heißt, ein hand-poked Tattoo zu stechen ist um ein Vielfaches langwieriger und aufwändiger. Auch für kleine Motive kannst Du daher mit einer Dauer von mehreren Stunden rechnen – je nachdem, wie detailliert das Ganze werden soll. Zusätzlich wächst bekanntlich bei Vielen mit der Länge der Prozedur auch das Schmerzempfinden, was durch das vergleichsweise langsame Eindringen der Nadel unter die Haut wohl nicht gerade gelindert wird. Grundsätzlich eignen sich für Stick and Pokes einfarbige, lineare Motive, während flächige und bunte Tattoos zwar nicht unmöglich, aber relativ anspruchsvoll zu realisieren sind. Die Verwirklichung Deines Wunschmotivs hängt also vorrangig vom Können und der Geduld des Tätowierers ab.
Beim Dot-Work-Tattoo entsteht entweder das gesamte Tattoo oder dessen Schattierung aus einer Vielzahl aneinandergereihter Punkte. Strukturen oder Helligkeitsunterschiede werden rein durch Variierung des Abstands oder Größe der Punkte kreiert. Von Weitem betrachtet, verknüpft unser Gehirn die einzelnen Punkte zu einem plastischen Objekt mit Licht und Schatten. Für diesen Stil lassen sich viele verschiedene Motive wählen. Ein guter Künstler kann selbst aus realistischen Objekten ästhetische Dot-Works entstehen lassen. Fällt Deine Wahl auf diese Stilrichtung, ist es besonders wichtig, sich einen Künstler zu suchen, der mit der Technik gut vertraut ist. Wenn nicht sauber genug gearbeitet wird, kann es hier zum Beispiel zum unschönen Verlaufen der Punkte oder zu einem kryptischen, nicht-entzifferbaren Meer aus Punkten kommen.
Mehr und mehr Beliebtheit erfreuen sich derzeit auch cleane, typografische Tätowierungen. Sie sind vor allem für Menschen mit einem Sinn für sachlich-dezente Ästhetik geeignet. Dabei ist ganz Dir überlassen, ob Du Dich für einen ganzen Spruch oder nur ein einzelnes Wort entscheidest. Auch Namen und Ziffern sind ein häufig gewähltes Motiv. Geeignet ist, was auch immer für Dich persönlich von Bedeutung ist, was diese Tattoos zu besonders individuellen Werken macht. Auch die Schriftart und Größe hängt natürlich von Deinem persönlichen Geschmack ab. Als besonders simpel und stilvoll erweisen sich aber kleinere Größen und simple, schmale Fonts mit oder ohne Serifen. Eigentlich gibt es nur eine Sache, die Du nicht selbst entscheiden kannst: die Rechtschreibung! Bitte informiere Dich im Voraus über die richtige Schreibweise, sonst könnte es peinlich werden…
Tattoos in diesem Stil existieren bereits seit vielen Jahren. Momentan erleben die zarten, detailreichen Fine-Line-Tattoos aber einen erneuten Aufschwung. Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich hierbei um oft einfarbige Werke, die sich aus besonders feinen Linien zusammensetzen. Dementsprechend werden dafür eher selten großflächige, auslaufende Motive hergenommen. Der Fokus liegt eher auf kleinen, einzelnen Objekten oder Figuren. Ob das Motiv nur aus Outlines besteht, oder vollflächig und realistisch wie ein Foto gestochen wird, liegt ganz an Deinem persönlichen Geschmack. Hauptsache: präzise, fein und elegant. Solltest Du Dich für ein solches Tattoo entscheiden, ist es wichtig, Dich an einen Tätowierer zu wenden, der sich mit diesem Stil gut auskennt. Im Kleinformat ein überzeugendes Ergebnis hinzubekommen, erfordert ein besonders ruhiges Händchen und viel Liebe zum Detail.
Einen krassen Gegensatz zu vergangenen Tattoo-Trends, in denen sich Kunden meist möglichst tiefgründige, farbenfrohe Motive stechen ließen, bilden die relativ neuartigen Tattoos im sogenannten „Ignorant-Style“. Hier geht es nicht länger um perfekt ausgearbeitete Porträts oder poetische Zitate, sondern um möglichst simple Linien und provokante Motive mit einem gewissen Sinn für Humor, den die Generation Deiner Eltern wohl nicht mehr ganz nachvollziehen dürfte. Ganz willkürliche Objekte – wenn sich das Motiv überhaupt auf den ersten Blick erkennen lässt – werden kindlich-naiv und absichtlich krakelig gestochen, vielleicht auch noch mit dem ein oder anderen betont pseudo-tiefgründigen Spruch versehen. Auf die typischen, austauschbaren Trend-Motive wie Rose, Arschgeweih und Co. folgen nun Designs, die durch ihre Einzigartigkeit und Individualität hervorstechen und die Leute beim Angucken auch noch auf lustige Weise entertainen. Man könnte in diesem Trend eine Art Kampfansage gegen den Perfektionismus-Zwang der letzten Jahre sehen, der mit diesem selbstironischen Stil bewusst sowohl angefochten als auch parodiert wird. Vor ca. 100 Jahren hatten wir Dada – heute haben wir den Ignorant-Style, um unseren Protest künstlerisch auszudrücken.