Die meisten Menschen sind sich einig, dass acht Stunden Arbeit an fünf Tagen der Woche einfach zu viel ist. Mittlerweile sind sogar viele Unternehmer und Ökonomen der Meinung, dass wir unsere Arbeitswoche verkürzen sollten. Einige Länder haben schon mit der 4-Tage-Woche experimentiert und diese teilweise sogar schon eingeführt. Aber wie sieht es eigentlich mit 6-Stunden-Tagen aus?
Seit langem ist eine Verkürzung der Arbeitszeit im Gespräch, doch dennoch tut sich bisher wenig. Unternehmen haben Angst, Verluste zu machen und halten krampfhaft an der 40-Stunden-Woche fest. Besonders die Generation Z schreit jedoch nach flexibleren Arbeitszeiten und einer besseren Work-Life-Balance. Aber können 6-Stunden-Tage wirklich funktionieren?
Eine Studie aus Großbritannien hat untersucht, wie viele Stunden Arbeitnehmer:innen pro Tag wirklich produktiv arbeiten. Dabei wurden fast 2000 Büroangestellte befragt und es kam heraus, dass die Angestellten nur ca. 3 Stunden konzentriert arbeiten anstatt der vorgesehenen 8. Die restliche Zeit wird mit Social Media und Surfen im Internet totgeschlagen. 54% gaben an, dass ihnen diese Pausen den Arbeitstag ertragbarer machten und ihnen dabei helfen, den restlichen Tag produktiv zu sein.
Das bedeutet wiederum, dass viele Arbeitnehmer:innen produktiver wären, wenn sie einen kürzeren Arbeitstag vor sich hätten. Denn zum einen hätten sie weniger Zeit um Fristen einzuhalten und zum anderen hätten sie mehr Freizeit, auf die sie sich freuen können. Somit brauchen sie auch weniger Ablenkung, um den Tag zu überstehen.
Ein weiterer Faktor ist außerdem, dass einige Unternehmen mehr Mitarbeiter:innen einstellen müssten, da sie dauerhaft besetzt sein müssen. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Kitas, Krankenhäuser und andere Pflegeberufe. Das würde wiederum für die Unternehmen teuer werden. Trotz dessen ist es eine Überlegung wert, um die Angestellten, die besonders in der Pflege überarbeitet sind zu entlasten.
Eine Analyse des WSI-Arbeitsmarktexperten Hartmut Seifert stellt 2007 die Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat von 20 Ländern einander gegenüber: Auf der einen Seite die durchschnittlichen Arbeitszeiten pro Woche, auf der anderen Seite die Produktivität pro Stunde - jeweils für Voll- und Teilzeitbeschäftigte zusammengenommen. In Belgien, Deutschland und Frankreich gibt es viele Leute die in Teilzeit arbeiten und die Vollzeitbeschäftigten haben ebenfalls relativ kurze Arbeitstage. Bei diesen Ländern ist die Stundenproduktivität überdurchschnittlich. In den süd- und osteuropäischen EU-Staaten gibt es längere Arbeitszeiten, jedoch sind die Beschäftigten deutlich unproduktiver. WSI-Forscher Seifert erläutert anhand dessen, dass kürzere Arbeitszeiten eine höhere Produktivität bewirken, weil Leistungsfähigkeit und Konzentration höher sind und weniger Fehler gemacht werden.
Wer über 40 Stunden die Woche arbeitet kann davon ernste gesundheitliche Probleme bekommen. Das beweist eine Studie der Ohio State University von 2016. Hierfür wurden über 12000 Amerikaner:innen befragt, die ihre wöchentliche Arbeitszeit und ihren Gesundheitszustand über einen Zeitraum von 32 Jahren angaben. Besonders bei Frauen konnte man einen deutlichen Zusammenhang mit der Anzahl an Überstunden und darauffolgenden schwerwiegenden chronischen Gesundheitsproblemen feststellen. Das Risiko für Herzerkrankungen, Krebs, Arthritis und Diabetes stieg, je mehr sie gearbeitet haben. Bei Männern stieg das Risiko lediglich für Arthritis. Eine Reduktion der Arbeitszeit könnte also auch für gesündere Mitarbeiter:innen sorgen.
30-Stunden-Woche in Schweden
25-Stunden-Woche in San Diego
Auch in San Diego hat der Paddelbrett-Hersteller "Tower" sich an der 25-Stunden-Woche versucht. Der CEO Stephan Aarstol hat bei gleichbleibendem Gehalt die Arbeitszeiten seiner Angestellten verkürzt. Sein ganzes Team arbeitet jetzt nur noch von 8 bis 13 Uhr. Trotz dessen stiegen die Umsätze stiegen um etwa 40 %.
25-Stunden-Woche in Deutschland
Sogar in Deutschlang gibt es ein Projekt was sich an einer verkürzten Arbeitszeit probiert. In Bielefeld probt die IT-Agentur „Rheingans Digital Enabler“ seit Oktober 2017 die 25-Stunden-Woche. Hier wird von 9 Uhr bis 13 Uhr gearbeitet und das mit gleichbleibendem Lohn und Urlaubsanspruch. Um das zu ermöglichen mussten die Arbeitsprozesse jedoch verkürzt und effizienter gemacht werden. 2018 wurde es als Forschungsprojekt weitergeführt und es hält auch noch bis heute an.
Auch wenn sich viele Unternehmen noch stark dagegen sträuben, eine Verkürzung der Arbeitszeit wäre für viele Mitarbeiter:innen eine große Erleichterung. Somit würde die Zufriedenheit der Angestellten steigen und auch der Umsatz würde langfristig wahrscheinlich gleichbleiben, wenn nicht sogar steigen. Außerdem könnten Unternehmen so mehr Arbeitskräfte anwerben und ihre Stellen attraktiver machen. Man kann also sagen, der 6-Stunden-Tag hat definitiv seine Daseinsberechtigung und vielleicht wird er ja auch in Deutschland bald gängiger.