It's the most male-dominated time of the year: Die Festivalsaison. Seit einiger Zeit stehen große Festivals immer mehr in der Kritik. Der Grund: Auf den Bühnen finden sich kaum Frauen. Die Initiative "Music S Women* e. V." hat sich das aktuelle Line Up der Zwillingsfestivals "Rock im Park" und "Rock am Ring" angeschaut und bestätigt, was schon zu erahnen war: Dieses ist eindeutig wieder männlich dominiert.
Bereits im Jahr 2021 ergoss sich im Netz ein gewaltiger Shitstorm über die Zwillingsfestivals "Rock am Ring" und "Rock im Park". Auslöser hierfür war eine Rechnung der Initiative "Music S Women*", die seit 2021 den Anteil von FLINTA-Personen auf großen deutschen Festivals analysiert. Die erschreckende Quote: 267 Musiker und nur 15 Musikerinnen durften 2022 im Park und am Ring rocken. Umgerechnet waren also nur gut 5 Prozent der Rocker:innen weiblich.
Auf diesen Shitstorm reagierte das Festival in Form eines Statements, das mittlerweile wieder gelöscht ist, nachzulesen ist es allerdings noch auf der Seite von Music S Women*.
Mit Veröffentlichung der ersten Bandwelle stellten die Zwillingsfestivals einen Rekord auf: 9 Prozent FLINTA-Personen würden Stand November 2022 im kommenden Jahr auf den Bühnen stehen, wie die Initiative Music S Women* errechnete.
Nun setzen die von Argo Konzerte veranstalten Festivals sogar noch eins drauf: Im bisherigen Line Up findet sich ein FLINTA-Anteil von 12 Prozent. Für Rock im Park und Rock am Ring ist das ein neuer Rekord, der FLINTA-Anteil wurde damit im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt.
Karolin Kebekus fasste schon 2021 zusammen: "Bei Rock am Ring hat das Bier mehr Prozente als der Frauenanteil. [...] Die Quote sieht nur bei den Schlümpfen und im Innenministerium (zu dieser Zeit noch unter Bundesinnenminister Horst Seehofer, Anm. der Redaktion) schlimmer aus."
Doch nicht nur ist der FLINTA-Anteil im Vergleich zu vielen anderen Festivals verschwindend gering - auch an den Headlinern zeigt sich, wie männlich dominiert die Festivalsaison ist: Seit 2000 spielten 78 rein männliche Bands und nur fünf Bands mit weiblicher Beteiligung im Park und am Ring. Auch dieses Jahr bestehen die Headliner-Bands wieder ausschließlich aus Männern.
Was bereits im Statement der Veranstalter angeklungen ist, bewahrheitet sich also: Der Wandel hin zu mehr Sichtbarkeit von FLINTA in der Festivalbranche geschieht nicht von heute auf morgen.
Nach der Veröffentlichung der ersten Bandwelle schrieb der Verein Music S Women* auf Instagram: "Wir kommen aber nicht umhin, uns zu fragen, warum gute Dinge eigentlich immer so lange Weile haben wollen, aber richtig schlechte Sachen meistens ziemlich schnell gehen."
Werden wir also dieses Jahr mehr FLINTA auf den Bühnen im Park und am Ring sehen? Ja. Zumindest die Richtung scheint klar. Doch auch wenn sich eindeutig abzeichnet, dass die Sichtbarkeit von FLINTA auf Rock im Park und Rock am Ring zunimmt, ist das Ergebnis bisher noch nicht zufriedenstellend - zu deutlich ist die Überrepräsentation von Männern immer noch.
Das immer gleiche Argument der (meist männlichen) Verteidiger der Festivals: Es gäbe eben nicht so viele Bands mit Frauen, die auf das Festival passen. Die Bands seien nun mal "musikalisch nicht passend" oder "nicht groß genug". Führen diese Argumente nicht zum Ziel, bleibt immer noch das Totschlagargument "Frauenquote": Männliche Musiker würden von den Bühnen verdrängt werden, Frauenbands hingegen den Besucher:innen aufgezwungen werden, nur um eine politische Agenda zu erfüllen.
Die Denke hinter dieser Argumentation ist erschreckend und zutiefst frauenfeindlich. Schließlich impliziert diese, Männerbands seien nun mal einfach besser als Bands mit FLINTA-Beteiligung.
Wer immer noch glaubt, es gäbe nicht ausreichend Bands mit FLINTA-Beteiligung, die auf die großen Festival-Bühnen passen, wird auf dem Instagram-Profil "cockamringofficial" fündig. Diese Initiative hat eine riesige Liste geeigneter Bands aus dem Alternative-, Rock- und Metal-Bereich zusammengestellt. Dennoch betonen sie: Die Liste ist nicht annähernd vollständig.
...gibt es wohl doch!
Aus Protest gegen das männlich dominierte Line Up der Festivals "Rock am Ring" und "Rock im Park" formte sich eine Initiative, deren Name den Nagel auf den Kopf trifft: Cock am Ring.
Die Forderung: Mehr Diversität und Sichtbarkeit auf deutschen Festivals. So entstand ein Sampler mit 24 "FLINTAstischen" Coverversionen der Songs von Künstlern, die 2022 bei Rock am Ring und Rock im Park auftraten. Unter anderem auf dem Sampler vertreten sind Künstlerinnen und Bands wie Kochkraft durch KMA, Shitney Beers und Elena Rud.
Was mit einem einfachen Sampler begonnen hat, ist schnell gewachsen: Als Schirmherrin konnten sie Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, gewinnen und im September 2022 veranstaltete die Initiative als Gegenprogramm zu den männerdominierten Mega-Festivals ein eigenes "Cock am Ring"-Festival. Auf der Bühne standen hier nur Bands, in denen FLINTA vertreten sind.