Klimaaktivismus als Vollzeitjob - das geht?
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fein leben
17.03.2023, 16:51 Uhr

Angestellt bei der Letzten Generation - so viel verdienen Vollzeitaktivist:innen

Mit Aktivismus Geld verdienen - das geht? Lars Werner, 31, hat vor einem Jahr seinen Job gekündigt und ist nun Vollzeitaktivist bei der Letzten Generation. Im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" erzählt er, wie er mit Idealismus und Protestaktionen nun seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Berufsbild Vollzeitaktivist

Lars Werner ist seit der ersten Stunde Mitglied der Letzten Generation, seit Mitte 2021 kämpft er gegen die Klimakrise. Heute sitzt er im Führungsgremium der Bewegung. Im vergangenen Jahr machte er den Aktivismus zum Beruf.

Mit seinem Kampf fürs Klima verdient er monatlich 950 Euro netto - für 40 bis 60 Stunden Arbeitszeit. Damit gilt er in Deutschland als armutsgefährdet. Dennoch, so Werner, könne er von seinem Einkommen gut leben. Als Klimaaktivist geht er selbst mit gutem Beispiel voran: Er brauche nicht viel, beispielsweise liege seine letzte Flugreise sieben Jahre zurück. Außerdem habe er keine Kinder, mit seiner Freundin, die ebenfalls bei der Letzten Generation aktiv ist, wohne er günstig in einer WG.

Das Einkommen, so Penelope Frank von der Letzten Generation, bemesse sich daran, welches Gehalt notwendig für das Überleben sei. Dies sei für kinderlose Singles maximal 1200 Euro netto, eine verheiratete Person mit zwei Kindern kann bis zu 1800 Euro verdienen.

Zuvor arbeitete der studierte Psychologe in einer psychiatrischen Praxis und verdiente dort rund 1200 Euro netto, dort betreute er depressive Jugendliche. Im vergangenen Jahr wurde ihm klar, dass die Doppelbelastung aus Job und Aktivismus nicht zukunftsfähig ist: "Ich wollte Protestaktionen machen, da konnte ich nicht mehr verlässlich für meine Patienten da sein", so Werner gegenüber der "Süddeutschen Zeitung".

Kohle fürs Kleben?

Doch wie authentisch ist bezahlter Aktivismus? Müssen sich Vollzeitaktivist:innen nicht den Vorwurf des "Klimalobbyismus" gefallen lassen? Werden Klima-Kleber tatsächlich von der Letzten Generation bezahlt?

Der Großteil der Aktivist:innen, die beispielsweise mit ihren Klebe-Aktionen auf Straßen regelmäßig für Diskussionsstoff sorgen, verdient kein Geld dabei. Aktuell gibt es bei der Letzten Generation nur etwa 70 in Voll- oder Teilzeit beschäftigte Aktivist:innen. Ein Bruchteil der etwa 900 deutschlandweit aktiven Aktivist:innen und rund 3.000 Unterstützer:innen.

Geld fürs Kleben gibt es nicht. Lars Werner beispielsweise verdient sein Geld mit Bildungsarbeit: Er hält Vorträge und vermittelt in Workshops Deeskalationsstrategien. "Den Protest machen wir in unserer Freizeit", so Werner gegenüber der "Süddeutschen Zeitung".

So finanziert sich die Letzte Generation

Aber woher kommt das Geld, mit dem Aktivist:innen wie Werner bezahlt werden? Ein Blick in den Transparenzbericht der Letzten Generation bringt Licht ins Dunkle. Tatsächlich finanziert sich die Letzte Generation über Spenden - im vergangenen Jahr waren das immerhin rund 900.000 Euro. Weitere 50.000 Euro stammen aus dem US-amerikanischen Climate Emergency Fund (CEF), der maßgeblich von der Ölkonzern-Erbin Aileen Getty finanziert wird.

Hiervon werden Kosten, beispielsweise für das Anmieten von Sälen und Räumen für Vorträge oder Workshops, sowie Unterkünften und Autos. Kleinere Posten auf der Abrechnung sind Flyer und Sekundenkleber. Dennoch bleibt am Ende des Jahres noch ein Überschuss von rund 383.000 Euro.

Als aktivistische Bewegung kann die Letzte Generation selbst keine Mitarbeiter:innen anstellen und Gehälter auszahlen. Zur Hilfe kommt hier allerdings die Initiative "Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation", eine Mitgliedsorganisation des Berliner Wandelbündnisses, die neben der Letzten Generation auch Extinction Rebellion unterstützt.


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